Das interkulturelle Projekt "angekommen"

Die Holzhammermethode – Vom Kaftan in die Jogginghose

Theatergruppe  „ensemble VIELFACH“ legt einen satirischen Masterplan zur kulturellen Integration vor
Zu scharfen Pfiffen aus Trillerpfeifen dröhnte am Freitag, den 22. Juni  die bekannte Bierzelt-Melodie „Lebt denn der alte Holzmichl noch?“  über den Siegburger Marktplatz, bevor die Mitglieder der internationalen Theatergruppe ensemble VIELFACH in orangen Warnwesten und geschmückt mit allerlei „`schland-Symbolen“  ihren Masterplan zur kulturellen Integration von Flüchtlingen vorstellte. Vorsichtshalber trug die Sprecherin ein Schild mit der Aufschrift „Achtung- Satire“ vor sich her.  Zunächst wurden die als Neuankömmlinge getarnten syrischen Mitspieler in scharfem Ton aufgefordert, ihre Ausweispapiere oder „das, was wir dafür halten sollen“ abzuliefern. Die Papiere landeten umgehend in  Mülltonnen. Dann gab es „Hinweise zu unseren Integrationskursen“.  Teilnahmevoraussetzung war die Beherrschung des Holzmichl-Liedes in Wort, Ton und Performance als Beweis, sich mit einem wichtigen  Kulturgut hinreichend vertraut gemacht zu haben: „Bis zum Ende der Veranstaltung habt ihr das gelernt – sonst wird das nichts mit der Integration“. Weitere Angebote waren der  Schnellkurs „Stell disch nit esu ann“ für angemessene Kleidung: „In zehn Minuten von der Burka in die Kittelschürze und vom Kaftan in die Trainingshose“ und  die Sprachkurse „Twitter, facebook und Kölsch“. Zur Gewöhnung an die deutsche Hausmannskost stand der „Kochwettbewerb für die beste Tiefkühlpizza“ auf dem Plan. Die Flüchtlinge folgten brav allen Anweisungen und sangen den “Holzmichl“, was das Zeug hielt. Doch als ihnen anhand eines bekannten deutschen Kinderspiels erklärten wurde, was zu tun wäre, wenn sie in den Notunterkünften kein Bett mehr vorfänden, streikten sie: „Das machen wir nicht mit. Das Spiel ist blöd“. Ja, so sind sie! Undankbar!  Das kleine Mädchen, das auf einer Matte zurückblieb, wurde gegen heftigen (gespielten) Widerstand in eine Mülltonne gesteckt. Die „Integrationsbeauftragte“ prophezeite eine glorreiche Zukunft als Grillschrubberin oder Klofrau, denn“ Fachkräfte werden immer gesucht“.
Nach einer weiteren Variante des Holzmichels  gab es verdienten Applaus und einige nicht widerzugebende Kommentare aus der rechten Ecke. Kinder und Jugendliche hingegen  wollten die kleine Syrerin vor dem Zugriff der „Müllmänner“ retten. Von dieser Art Zivilcourage würde man sich im wahren Leben mehr wünschen.
Die Theatergruppe ensemble Vielfach gehört zum Verein facettenreich e.V., der von Maria Havermann Feye und Eva Barbara Klein geleitet wird. Facettenreich stellte mit diesem satirischen Angriff auf die Stammtischversion der „Leitkultur“ den dritten Beitrag zum Programm „Fluchtpunkt“ im Rahmen des Siegburger Kulturprojektes  „angekommen?“ das sich seit 2015 mit dem Thema Flucht und Migration beschäftigt.